Gemälde oder Foto­grafie? – Alle Tipps zur ICM-Fotografie

Es ist eine Form der Foto­grafie, die viel­leicht nicht jedem direkt zugäng­lich ist. Vor allen den Technik-Begeis­terten, die nach immer mehr Pixel, Auflö­sung und Schärfe gieren. Denje­nigen, die sich durch Gefühl und Emotion leiten lassen, dürfte diese krea­tive Art zu foto­gra­fieren even­tuell deut­lich mehr zusagen. Details, Konturen und Struk­turen werden dadurch aufge­löst, Farben und Licht bekommen an Bedeu­tung, die bloße Essenz des Bildes bleibt erhalten. Es eröffnet auch die Möglich­keiten, die Emotionen und die Wahr­neh­mung der Land­schaft in Fotos auszu­drü­cken. Wie ihr vorgeht, Einstel­lungen Tipps und Tricks lest ihr hier im Blog! 

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Gear:

Sony a7IV
Sony FE 4/24–105 mm G OSS
Sony FE 100–400 mm GM

Was ist ICM-Fotografie

Die ICM-Foto­grafie ist eine krea­tive Aufnah­me­technik der Foto­grafie. Sie erfor­dert eine bewusste Bewe­gung der Kamera während der Belich­tung – Inten­tional Camera Move­ment, oder kurz ICM.

Kurz gesagt erschaffen wir mit der ICM-Technik eine Synthese aus Malerei und Foto­grafie. Einer Foto­grafie-Technik, mit der der wie Fotos erstellen können, die aussehen wie ein Aqua­rell oder Ölge­mälde alter impres­sio­nis­ti­scher Meister. Damit erar­beiten wir uns einen ganz neuen Zweig unserer foto­gra­fi­schen Ausdrucksformen.

Details, Struk­turen und Konturen werden aufge­löst, Farben und Licht bekommen an Bedeu­tung, die bloße Essenz des Bildes bleibt erhalten. Fotos entstehen, die im Kopf des Betrach­ters ganz eigene Bilder erzeugen. Nur ein Loslassen bishe­riger Sehge­wohn­heiten ist dafür erforderlich.

In diesem BLOG gebe ich euch Tipps, wie ihr Motive mit dieser Art zu foto­gra­fieren umsetzt. Welche Bewe­gungen zu welchem Motiv passen, welche Belich­tungs­zeiten zu welcher Bewe­gungs­ge­schwin­dig­keit und Brennweite.

Wald­ge­mälde | Sony a7IV + Sony FE 100–400 mm GM

Wann ICM nutzen?

  • Immer
  • Dann, wenn nichts anderes zu zufrie­den­stel­lenden Ergeb­nissen führen würde
    • bspw. Zu viele Spuren im Schnee oder Sand,
    • wenn Vorder­grund oder Szene zu unruhig ist (z.B. in einem chao­ti­schen Mischwald)
    • wenn das Motiv Makel hat, und, und, und
  • bei foto­gra­fisch schlechtem Wetter, wenn das Licht flach ist und nichts beson­ders hergibt. Aber dennoch kann gutes Licht auch bei ICM-Foto­grafie zu besseren Ergeb­nissen führen, je nach Motiv
  • Diese Technik bietet nicht nur an den offen­sicht­lich male­ri­schen Orten, sondern auch in vermeint­lich “lang­wei­ligen” Umge­bungen die Gele­gen­heit beein­dru­ckende Bilder zu erstellen.ä
  • Durch das Auslö­schen scharfer Details wird die Wahr­neh­mung auf andere Elemente wie Linien, Flächen und Farben gelenkt. Solche Fotos können erheb­lich leben­diger als stati­sche Bilder wirken. Sie sind gut geeignet, Stim­mungen zu transportieren.
  • Innein­an­der­fließen der Farben, wobei die hellere dominieren
  • Haupt­motiv fokus­sieren, sonst gibt es nur ein unde­fi­nierter Brei an Farben

Welche Bewe­gungs­formen gibt es?

  • die Bewe­gungen, die man machen kann, sind unglaub­lich viel­fältig und wollen geübt sein, damit das Ergebnis nicht reiner Zufall ist.
  • Zoom Burst, ziehen, drehen, Schwenken (Regen­bogen)
  • Vertikal
  • Hori­zontal
  • Diagonal
  • Wellen­förmig, Zickzack
  • hin-und her wackeln
  • in Formen (V, Dreieck, Quadrat, Kreis)
  • Geschwin­dig­keit und Rich­tung der Bewe­gung beein­flussen das endgül­tige Bild und Übung ist der Schlüssel zur Perfektion.
  • Die Kame­ra­be­we­gung sollte immer zum Motiv passen 

Einstel­lungen

  • ISO auf die kleinste Zahl für länger Verschlusszeiten
  • Schließe die Blende, am Besten im M oder Zeit­au­to­ma­tik­modus, um die Verschluss­zeit weiter zu verlängern
  • Nutze einen Grau­filter, wenn du nicht mindes­tens 1/40 s erreichst. Gege­be­nen­falls auch einen Polfilter für die Farben.
  • Belich­tungs­zeiten zwischen 0,8s und 2s sind optimal
  • Ggf. Belich­tungs­kor­rektur etwas ins negative
  • Ist die Verschluss­zeit kürzer schneller bewegen. Bei längeren Belich­tungs­zeiten kann die Bewe­gungs­ge­schwin­dig­keit lang­samer sein.
  • Je Weit­wink­liger, desto schneller oder größer die Bewe­gung, gerade dann, wenn die Objekte weiter entfernt sin.
  • Je weiter im Tele­be­reich, desto lang­samer, bzw. kleiner kann eine Bewe­gung für den glei­chen Effekt sein.
  • Nutze ein Stativ für gleich­mä­ßige Bewe­gung, wenn es dir am Anfang schwer fällt.
  • Fokus Manuell, oder Fokus­hal­te­taste drücken.
  • Bild­sta­bi­li­sie­rung ausschalten. 

Wald­ge­mälde | Sony a7IV + Sony FE 100–400 mm GM

Was gefällt mir so an ICM?

Ich muss schon sagen, dass ich in letzter Zeit gefallen an ICM-Foto­gra­fien und auch das eigene Expe­ri­men­tieren mit unter­schied­lichsten Kame­ra­be­we­gungen gefunden habe. Mitt­ler­weile macht es mir riesigen Spaß auch in diesem Bereich zu expe­ri­men­tieren. Dennoch ist es kein Selbst­zweck. Ich versuche mich auch nicht in den Tausenden unter­schied­li­chen Bildern, die dadurch entstehen zu verlieren. Eigent­lich bleibe ich auch nicht länger an einem Motiv hängen, wie ich es nicht auch bei einem klas­si­schen Land­schafts­bild bleiben würde. Und auch bei ICM-Versu­chen geht es mir oft so, dass keines der Bilder das zeigt, was ich zeigen wollte, oder mich der Effekt nicht über­zeugt, oder auch das Motiv nicht funktioniert.

Beim klas­si­schen Land­schafts­bild suche ich die beste Perspek­tive und das beste Licht. Auch Einfach­heit und Klar­heit sind mir wichtig. Nicht unbe­dingt mini­ma­lis­tisch, aber auch nicht mit zu vielen unter­schied­li­chen Details. Wenn ich das aller­dings nicht so bekommen kann, wie ich es mir vorstelle, dann freue ich mich aber auch an den Möglich­keiten, die mir die Foto­grafie mit bewusster Kame­ra­be­we­gung bietet. So kann ich dann doch das Licht, die Atmo­sphäre, tolle Farben oder bestimmte Formen einfangen. Die besten Ergeb­nisse gefallen mir auch wirk­lich gut. Sie haben was beson­deres, auch heil­sames in meinen Augen.

Image proces­sing

Bei den ICM-Aufnahmen kommen weniger Spezi­al­filter zum Einsatz, als viel­leicht bei klas­si­schen Land­schaftst­auf­nahmen. Statt dessen habe ich die herkömm­li­chen Werk­zeuge wie Kurven, Tonwert­sprei­zung, Kontrast, Schwarz­wert verwendet. Gerade auf die Farben, Farb­to­nung, aber auch den Weiß­ab­gleich habe ich viel Wert gelegt und über ein zwei Tage immer wieder ein wenig ange­passt, bis es mir gefallen hat.

Für mich geht’s in der Bild­be­ar­bei­tung haupt­säch­lich darum, den Kontrast in den Bildern zu verstärken. Deshalb sind die Werte, die ich einge­stellt hab, even­tuell etwas höher als üblich. Auch der Farb­kon­trast in diesem Bild war mir wichtig. Da sind zum einen die Gräser und der noch kahle Winter­wald mit seinen grau-braunen Farben in der diffusen Abend­sonne und der kühle grau-blaue Stamm. Diesen Kontrast wollte ich für jeden sichtbar machen. Auch bei dem Bild mit der dunklen Umge­bung und den fast schon gift-grünen Gräsern, wollte ich diese Farben unbe­dingt als, naja, beinahe schon Haupt­motiv ersicht­lich haben.

Wald­ge­mälde | Sony a7IV + Sony FE 100–400 mm GM

Was funk­tio­niert, was nicht?

Zum Abschluss jetzt noch einmal zusam­men­ge­fasst, was funk­tio­niert und was nicht:

  • Achtet auf eure Bewe­gungen, macht sie euch wirk­lich bewusst, denn zu chao­ti­sche Bewe­gungen, geben zu chao­ti­sche Bilder, die nicht wirken.
  • Das Ergebnis sollte nicht nur Verwa­ckelt aussehen, sondern durch die gezielte Bewe­gungs­formen einen defi­nierten Effekt haben.
  • Zu kurze Belich­tungs­zeiten vermeiden, weil zu wenig Zeit für die Kamerab­we­gung bleibt und diese dadurch zu gering ausfällt oder zu unde­fi­niert ist.
  • Bei sehr langen Belich­tungs­zeiten kann Motiv kaum noch erkennbar sein. In diesem Fall dann die Bewe­gung kleiner machen und möglichst gleich­mäßig führen.
  • Expe­ri­men­tiert auch mit Hold and Move: erst kurz still­halten dann die Bewe­gung durch­führen. Das kann zu inter­es­santen Effekten führen.
  • Zu viele größere Einzel­ob­jekte mit stark kontras­tie­renden Farben zum Hinter­grund funk­tio­nieren mögli­cher­weise nicht so gut.
  • Alle gängigen “Regeln” der Foto­grafie gelten auch in diesem Genre, also ruhig auch die das Bild mal auf Dritte-Regel prüfen, ob der Rand “sauber” ist, etc.
  • Ich habe den Eindruck, dass wenig Licht ist besser als zu kontrast­rei­ches Licht, also kräf­tiger Sonnen­schein. Wobei ich die seit­liche Licht­rich­tung auf den Baum­stämmen im Wald für das Endergebnis als sehr hilf­reich empfand .
  • Ein weißer Himmel in sonst dunkler Umge­bung kann auch hier störend wirken.
  • Bäume und verti­kale Bewe­gungen funk­tio­nieren super, aber viel­leicht nicht nur damit Bilder aufnehmen, da das auch Lang­weilig werden kann.
  • Strand und Meer passen gut zu hori­zon­talen und Wellenbewegungen.
  • Bei Gebäuden gehen gerade Muster wie Vier­ecke oder Drei­ecke ganz gut, je nach Gebäudeform
  • Bei einem Blumen­feld könne auch Kreis­be­we­gungen sehr gut funktionieren.
  • Bei der Motiv­wahl auf Farben und Kontraste achten. Und darauf achten, dass Helle Farben im Bild domi­nieren, wenn sich die Farben vermischen.
  • Doppel­be­lich­tungen könnten Inter­es­sant sein, habe ich aber selbst noch gar nicht ausprobiert.
  • Und was ihr selbst haben müsst, ist Spaß beim Expe­ri­men­tieren und keine Frus­tra­tion, wenn es nicht auf anhieb klappt!

Was löst es in einem selbst aus?

Ich denke die ICM-Foto­grafie und auch die Ergeb­nisse, sind viel­leicht nicht Jeder­manns Sache. Das kann ich durchaus verstehen. Einer­seits muss man sich ein wenig darauf einlassen, aber ande­rer­seits, kann ich auch nach­voll­ziehen, wenn jemand sagt, wir streben immer nach mehr Schärfe, höherer Auflö­sung und so weiter, warum soll ich mir jetzt ein “unscharfes” Bild anschauen.

Ich finde, die ICM-Foto­grafie kann einen auch etwas befreien, zum Beispiel gerade vom Streben nach ultra­scharfen Bildern, pixel-peeping und so weiter, und setzt gerade damit viel Krea­ti­vität frei.

ICM zeichnet sich durch einer eher künst­le­ri­sche und abstrakte Natur aus. Es eröffnet neue Möglich­keiten, die Emotionen und die Wahr­neh­mung der Land­schaft in den Fotos auszu­drü­cken. Es geht darum, wie man die Welt fühlt, nicht nur, wie man sie sieht.

Ich finde die ICM-Foto­grafie erlaub es, die Realität in Traum­welten zu verwan­deln und einzig­ar­tige, künst­le­ri­sche Aufnahmen zu schaffen. Und das lass ich mal so stehen.

Ich hoffe ich konnte euch mit den Tipps zur ICM-Foto­grafie ein weiteres Hand­werks­zeug mitgeben, mit der ihr eure Krea­ti­vität ausleben könnt und viel­leicht auch mal die ein oder anderen Chance doch bei sonst miesen Bedin­gungen noch was brauch­bares für das Foto­album foto­gra­fieren zu können.

Wald­ge­mälde | Sony a7IV + Sony FE 100–400 mm GM

This and all other shots of this post you can request under “Prints” as an art print for your wall at home directly from me. 

Pictures from the VLOG

Wie ich auch im Video erwähne, sind aus gut 140 aufge­nom­menen Bildern nur 19 in der Kate­gorie „Kann man mal bear­beiten“ gelandet. Meiner Einschät­zung nach eine Hand­voll Bilder werden mir auch noch in ein paar Wochen gefallen. Trotzdem teile ich hier mit euch alle Bilder die ganz gut gelungen sind. Viel Spaß beim betrachten. 

VLOG to the BLOG

Ich glaub’s fast selbst nicht. Bereits mein 50stes Video, dass ich auf meinen Kanal hoch­ge­laden habe. Deshalb gibt es dieses mal was ganz beson­deres. Es geht um Foto­gra­fien, die aussehen wie Gemälde. Aufge­nommen mit der ICM-Technik. Wie das geht, was es bewirkt und auf was ihr achten müsst, erfahrt ihr alles in diesem Video. Viel Spaß beim anschauen!

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