5 Tipps, um unter Stress und Hektik tolle Landschaftsaufnahmen zu machen
Hobby-Naturfotografen mit Familie werden die Situation kennen. In deiner relativ knappen Freizeit, neben deinem Beruf, möchtest du jede Gelegenheit nutzen um zu schönen Landschaftsbildern zu kommen. Manche Ort besuchst du aber womöglich nur mit der kompletten Familie im Schlepptau während eines Familienausflugs und dann auch noch zu einer recht ungünstigen Tageszeit.
Im Stress, schnell zu arbeiten und ja nicht zu lange zu brauchen, weil die Kinder davon rennen, oder der Partner schon wieder genervt ist, warum du so lange brauchst, passieren dir Fehler. In den Einstellungen nutzt du falsche Modi, du übersiehst unschöne Details im Bildaufbau und holst nicht das maximale aus der Komposition. Es gibt so viel, was man im Stress oder Leichtsinn vermasseln kann.
Hinterher ist man verärgert, “ach hätte ich nur darauf geachtet”, “oh mann 5 min später war das Licht viel besser”, oder “hätte ich noch eine Minute Zeit gehabt, dann hätte ich dies und das”, sagt man sich hinterher. Aber hinterher ist man immer schlauer und es hilft dann auch nichts mehr, sich zu ärgern. Wir müssen einfach lernen, in jeder Situation vor Ort die bestmöglichen Daten auf den Sensor zu bannen.
Bewusst machte ich mir das, als wir auf einem Ausflug zum wunderbaren Menzenschwander Wasserfall im Südschwarzwald unterwegs waren. Wir kamen am Nachmittag an. Blauer Himmel und strahlender Sonnenschein. Aber die Hoffnung auf etwas Abwechslung im Himmel war vorhanden. Nur, viel Zeit blieb mir aufgrund der Familie nicht den Ort zu erkunden.
Dieser Mangel an Zeit ist auch der Grund, warum es in diesem Video keinen klassischen VLOG gibt. Es war schlicht und einfach keine Zeit außer mit dem Handy auch noch Filmaufnahmen zu machen.
Das Video zum BLOG-Beitrag findet ihr dennoch unten, am Ende des Artikels.
Gear:
Sony a7III
Sony FE 2.8/16–35 mm GM
1. Erkunde den Spot mit deinem Smartphone
Das Handy ist ein guter Stichpunkt, wenn es darum geht schnell und einfach gute Kompositionen zu finden und direkt mein erster Tipp für dich.
Als ich um die Ecke bog und den Wasserfall erblickte, schaute ich mich erst kurz um. Schnell habe ich gemerkt, dass dieser Wasserfall bei diesem, noch recht harten, Nachmittagslicht, nicht einfach zu fotografieren sein wird. Auch eine interessante Komposition fiel nicht direkt ins Auge. Ich zückte erstmal mein Handy und holte nicht direkt die Kamera aus der Tasche.
So konnte ich einige Fotos zum senden an Freunde und Verwandte machen und nebenbei ein paar Blickwinkel ausprobieren. Wenn das Hauptmotiv, der Wasserfall einigermaßen klar ist, dann suche ich ganz bewusst nach Vordergründen und dann überlege ich, wie ich diesen mit dem Hauptmotiv verbinden kann. Das große Handydisplay hilft dabei etwas. Innerhalb einiger Minuten hatte ich dann doch 2–3 Kompositionen entdeckt. Meine Familie aber schon einige Meter weiter. Also hinterher.
Der Menzenschwander Wasserfall ist gut in 3 Bereiche einzuteilen. Der untere Bereich ist ebenso besonders, wie schwierig zu fotografieren. Eine interessante, spannende Bildgestaltung erfordert einiges an Erfahrung und eine gute Komposition muss man sich hier erstmal erarbeiten. Auch die Beleuchtung, die hier Nachts eingeschaltet wird, dürfte daran nicht viel ändern. Dennoch hat mir das Smartphone beim Einstieg weitergeholfen, auch wenn die Kamera zuerst im Rucksack blieb.
Ich ging über die Treppenstufen meiner Familie hinterher. Im mittleren Bereich des Wasserfalls, unterhalb der Brücke, gibt es nicht all zu viel verschiedenen Möglichkeiten. Eine Komposition ist doch recht schnell gefunden.
Dafür war ein anderer Punkt wichtig.
2. Histogramm und Belichtung beobachten, notfalls HDR
Der Wasserfall verläuft hier in einem relativ schmalen Spalt, in dem es äußerst dunkel war. Oben schien das gleisend helle Sonnenlicht. Es ist häufig so, dass man im Stress vergisst noch einmal auf das Histogramm zu schauen, oder die Belichtung in einem Test-Shot zu überprüfen. Aber nichts ist ärgerlicher, als zu Hause festzustellen, dass Teile eines Bildes ausgebrannt sind.
In so einem Fall, nutze die Histogramm-Anzeige und beachte die Belichtung genau. Wenn du dir unsicher bist, dann nutze die Bracketing-Funktion deiner Kamera. So kannst du im Nachhinein die beste Belichtung auswählen, oder gleich ein HDR aus den Aufnahmen machen. Das ist ein Tipp, den ich immer wieder beherzige, wenn’s schnell gehen muss. Auch wenn ich die Aufnahmen häufig gar nicht brauche. Manchmal ist aber beispielsweise eine Belichtung für den Himmel und eine für den Vordergrund für die Bildbearbeitung sehr hilfreich.
Nach der Aufnahme gingen wir weiter bergauf. Über die Straße läuft man entlang des Flusses. Im Sommer muss man hier aufpassen nicht am oberen Wasserfall vorbei zu laufen, denn dieser ist durch Strauch- und Baumbewuchs etwas versteckt. Als wir vor Ort waren, zog plötzlich eine Wolke vor die Sonne. Für mich hieß dies, endlich bessere Bedingungen. Wie lange das Licht so halten sollte, konnte ich nicht abschätzen, also machte ich schnell.
Zu meinem Glück sind an diesem Bereich des Wasserfalls eine erste Kompositionen recht einfach und schnell gefunden, also konnte ich direkt mit Kamera und Stativ loslegen.
Wie? du arbeitest unter Zeitdruck auf dem Stativ? Fragt ihr euch jetzt sicherlich. Ja! Auch wenn ihr mich im ersten Moment vielleicht für bekloppt haltet, das ist Tipp Nr. 3
3. Nutze das Stativ
Wie soll dass denn zusammenpassen fragst du dich? Einerseits habe ich immer viel zu wenig Zeit und dann andererseits das Stativ nutzen? Richtig! Die Kamera auf dem Stativ zu nutzen bietet in meinen Augen mehrere Vorteile, auch unter Zeitknappheit:
- Trotz Zeitdruck, nehme ich mir die notwendige Zeit, die Komposition gut auszuarbeiten.
- Ich verhindere damit Flüchtigkeitsfehler, da ich die notwendigen Sekunden habe Einstellungen zu überprüfen
- Ich verhindere Bewegungsunschärfe, aufgrund von, in der Eile aufgenommenen, Fotos.
- Auf dem Stativ zu arbeiten, bedeutet auch den Fokuspunkt exakt dort setzen zu können, wo ich ihn benötige und mich in aller Ruhe um die Belichtung kümmern zu können.
Damit kommen wir bereit zum nächsten Punkt:
4. Check den Fokus-Modus und unterschiedliche Fokus-Punkte
Mir persönlich ist es schon einige male passiert, dass ich vor lauter Hektik nicht bemerkt hatte, dass mein Fokuswahlschalter auf manuell gestellt war. Im dümmsten Fall, wenn ich mir nicht die Zeit genommen habe meine Aufnahmen zu prüfen, hat ich dadurch einige unbrauchbare Bilder.
Wie konnte das passieren fragst du dich sicherlich. In manchen Fällen hatte ich zuvor tatsächlich manuell fokussiert und vergessen wieder zurück zu schalten oder in anderen Fällen habe ich vielleicht beim herausnehmen der Kamera aus dem Rucksack oder beim hantieren mit ihr den Schalter umgelegt.
Das ist die eine Sache, zu schauen, dass auch der richtige Fokus-Modus angewählt ist. Wenn du aber nun in kurzer Zeit eine tolle Landschaftsaufnahme machen willst, von der von vorne bis hinten alles scharf ist, bleibt manchmal wenig Zeit die hyperfokale Distanz zu prüfen, und den Fokuspunkt genau zu berechnen und zu setzen.
Du kannst die Pi-Mal-Daumenregel nutzen und etwa ein Drittel in die Szene hinein Fokussieren oder auf Nummer sicher gehen und eine Bilderreihe mit unterschiedlichen Fokuspunkten machen. So als würdest du ein Fokus-Stacking machen. Ein wenig geübt machst du das innerhalb weniger Sekunden.
Im besten Fall ist ein Bild dabei, bei der du die hyperfokale Distanz getroffen hast. Im dümmsten Fall setzt du die Bilder einfach in Photoshop als Stacking-Ebenen zusammen und schon hast du dein perfektes Bild.
In vielen Fällen reichen 2–3 Aufnahmen, manchmal vielleicht 5. Je nach Situation, Blende, Abstand zum nahegelegenen Motiv und Brennweite.
Am oberen Menzenschwander Wasserfall hatte ich also das Glück, dass die Bedingungen ideal waren. Ich arbeitete schnell und zügig. Und schon nach wenigen Minuten kam die Sonne zurück. Dennoch hatte ich bereist erste gelungene Aufnahmen im Kasten.
Direkt nach den Aufnahmen gingen wir wieder bergab. Zufrieden mindestens ein gelungenes Bild hinbekommen zu haben reichte mir. Das ist übrigens mein nächster Tipp.
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5. Ein gelungenes Bild reicht!
Ein Tipp, der mir vor einiger Zeit den Stress und den Druck von der Brust genommen hat, war ein Fotograf, der zu mir sagte “Ein gelungenes Bild am Tag? Das reicht doch vollkommen aus!” Und damit hat er recht. Das ist mehr als sich die Großen Meister der Landschaftsfotografie aus den frühen Tagen in ihren Künsten Träumen erhoffen konnten.
Seitdem ich mir sage, dass “Ein gelungenes Bild reicht”, gehe ich viel entspannter an die Sache heran und ich habe begonnen die Landschaftsfotografie viel mehr zu genießen. Weniger Stress, weniger herum Gerenne, weniger Hektik. Ich konzentriere mich auf einen Shot. Ist er im Kasten und alles passt, erst dann gehe ich weiter und gegebenenfalls zur nächsten Komposition über. Seit ich mich darauf besinne habe ich nicht weniger Output, sondern sogar mehr. Zumindest mehr brauchbares. Ich spare Zeit in der Bildauswahl, Zeit bei der Bildbearbeitung, etc. Weil ich mich auf einige wenige gelungene Bilder konzentrieren kann.
Es war das FOMO-Syndrom, dass mich oft zu hektisch werden ließ. “Fear of missing out”, die Angst was zu verpassen, ein Motiv im besten Licht, usw. Das Ende vom Lied war, ich habe vielleicht weniger verpasst, hatte aber am Ende des Tages nicht eine Aufnahme, auf die ich wirklich stolz war. Also wähle dein Motiv mit bedacht, konzentriert dich auf diese Komposition, hole mit den besten Einstellungen und mit der entsprechenden Technik alles heraus, dann hast du eine gelungene Aufnahme. Bleibe entspannt, genießt den Augenblick und seit für den Moment zufrieden, denn ihr habt ein gelungenes Bild geschafft. Jedes weitere ist Bonus!
Ein gelungener Abschluss
Als wir vom oberen Menzenschwander Wasserfall wieder hinab stiegen, setzte dann der Regen ein. Meine Familie lief einen Schritt schneller, da wir unten in einer Gaststätte etwas trinken und ggf. noch Abendessen wollten. Ich ließ mich in diesem Moment nicht stressen, denn ich wusste dass ich meine Chance. Mir kam die Idee den speziellen Wasserfall im unteren Bereich aus einer anderen Perspektive zu fotografieren, wie gewöhnlich. Und das war eine super Entscheidung.
Die Wand voller grüner Farne, der einsetzende Regen und das Licht der Sonne, die durch die ankommende Regenwolke noch nicht verdeckt war zauberten eine tolle Stimmung an diesen Ort. Für diese Aufnahme musste ich aus der Hand fotografieren. Die Belichtungszeit wählte ich so lang als möglich für eine Aufnahme aus der Hand und hoffte auf die Unterstützung des eingebauten Bildstabilisators meiner Sony.
Auch durch einsetzenden Regen solltet ihr euch in so einem Moment nicht stressen lassen. Die Kamera und die Objektive halten auch im Regen einige Minuten aus. Danach sollte man sie allerdings wieder gut abtrocknen.
Eine Komposition, die ich mit dem Handy ausfindig gemacht hatte, wollte ich noch unbedingt aufnehmen. Der Regen wurde bereits schon wieder weniger. Ich baute nochmals das Stativ auf und nutzte die noch vorhandene Lichtsituation für meine persönliche Aufnahme des Tages.
Mittels Fokus-Stackings konnte ich den Farn im Vordergrund zusammen mit dem Wasserfall im Hintergrund in voller Schärfe abbilden. Einzig die Bearbeitung in Photoshop erforderte einiges an Können.
Als ich dieses Bild hatte, wusste ich, dass ich zufrieden sein kann. Ich packte meine Kamera in den Rucksack und ging meiner Familie hinterher. Zu meiner und ihrer Freude, mussten sie keine 5 Minuten auf mich warten. Auch wenn es für mich etwas Stress bedeutete, so waren wir alle Zufrieden und hatten einen wunderschönen Ort in unserer Natur gesehen.
Bonus-Tipp
Da fällt mir ein weitere Tipp für euch ein. Trotz all dem Zeitdruck solltest du immer auch versuchen die Zeit mit deiner Familie, bzw. die Zeit in der Natur zu genießen. Denn das dürfte auch einer der Hauptgründe sein, warum du dieses Hobby gewählt hast. Also erkunde die Welt nicht non-stop durch den Sucher!
So, das war’s nun aber. Ich hoffe ich konnte euch wieder ein paar Tipps mit auf den Weg geben und euch nebenbei die Fotomöglichkeiten am Menzenschwander Wasserfall im Schwarzwald näher bringen. Besucht ihn gerne einmal, aber achtet dabei wie immer gut auf die Vegetation und bleibt auf den Wegen!
Macht’s gut, bis dann! Ciao!
VLOG to the BLOG
Unter Zeitdruck zu fotografieren verträgt sich nicht besonders. Dennoch können wir Stress und Hektik nicht immer vermeiden. In diesem Video gebe ich euch einige Tipps, wie ihr unter solchen Bedingungen bestehen könnt und dennoch zu einigen Portfolio-reifen Bildern kommen könnt.
Viel Spaß beim Schauen und Erfolg beim Umsetzen!